Kristina

Neues aus Um Al Keir

Der letzte Eintrag ist schon eine ganze Weile her. Höchste Zeit, das Blog zu reaktivieren. Und was gibt es da besseres als dieses Video, auf das ich in den letzten Tagen gestoßen bin:


vimeo Direkt

Der Film dreht sich um Eid, einen Bewohner von Um Al Keir, einem kleinen Dorf in den Bergen südlich von Hebron. In diesem Ort leben palästinensische Flüchtlinge, die – ich glaube in den 50er Jahren – von Israel an diesen Platz umgesiedelt wurden. Nun sind sie erneut bedroht – diesmal von der israelischen Siedlung Karmel, die immer näher an ihr Dorf heranrückt. Aber darum geht es in diesem Film nur am Rande. Eigentlich geht es um Eids Hobby: das Bauen von Modellfahrzeugen aus Plastikmüll und Metallschrott. Und es sind nicht irgendwelche Modelle, die er baut – es sind Nachbauten israelischer Fahrzeuge, die ihm das Leben in Um Al Keir zur Hölle machen können; beispielsweise das Modell eines Bulldozers, der sein Haus zerstört hat.

Wer sich näher mit Um Al Keir beschäftigen möchte: im Artikel Hinter Gittern gibt es nähere Informationen.

Matthias

Grüße aus dem Sommerloch

Eigentlich lohnt es sich nicht, die Debatte um das Bundesverdienstkreuz für Felicia Langer hier aufzuwärmen — allzu tumb sind die Argumente derer, die einen Skandal darin sehen, daß eine langjährige Kämpferin für die Rechte der Menschen in den besetzten Gebieten mit dieser Ehrung ausgezeichnet wird. Und letztlich scheint es ihnen selbst im tiefsten Sommerloch nicht gelingen, ihr Anliegen wirklich auf die Agenda zu bringen.

Daß auch Arno Hamburger in den Chor derer eingetreten ist, die meinen, sich mit der albernen Drohung profilieren zu müssen ihr eigenes Verdienstkreuz zurückzugeben, erstaunt kaum. Daß es selbst den Nürnberger Nachrichten nicht gelingt, auch nur einen einzigen Leserbrief aufzutreiben, der so etwas wie Verständnis für Hamburgers Position äußert, und stattdessen eine ganze Latte von Äußerungen druckt, die ihn unterschiedlich scharf angreifen, ist dann aber doch drollig.

Ein heißer Lesetipp (und zwar auch für die Hamburgers und Giordanos dieser Welt, die vermutlich gar nicht wissen, in wessen Kielwasser sie ihre Profilierungsversuche unternehmen) ist allerdings der Briefwechsel zwischen dem Kopf derer, die in allem und jedem schlimmsten Antisemitismus wittern (nämlich dem früher mal namhaften Journalisten Henryk M. Broder) und dem grünen Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der die Ehrung für Langer unterstützt hatte.

Ich will nicht auf Broders eigene Seite verlinken sondern verweise auf einen Blogeintrag auf freitag.de — wer will, kann von dort aus weiterklicken. Chapeau vor der Souveränität Palmers!

Es wird Zeit, daß insbesondere die Nürnberger SPD erkennt, wie Hamburger mit solchen Aktionen nicht nur sein eigenes Ansehen zerstört.

Kristina

Auf freiem Fuß (II)

Jetzt ist es amtlich: Gestern meldete die israelische Tageszeitung Haaretz, dass die Klage gegen den israelischen Siedler Ze’ev Braude fallen gelassen wird. Er hatte im Dezember 2008 zwei Palästinenser angeschossen hat und war dabei von einem B’tselem-Aktivisten gefilmt worden.

Für die Niederschlagung der Klage sorgte kein geringerer als der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak höchst persönlich. Der Grund für die Einstellung des Verfahrens? Es gäbe einen geheimen Beweis, der Ze’ev Braude entlasten würde, aber der darf nicht genannt werden, weil er die Staatssicherheit gefährden könnte – so einfach ist das.

Mehr Informationen gibt es innerhalb des Blogs unter anderem bei Auf freiem Fuß und außerhalb bei B’tselem.

Kristina

Auf freiem Fuß

Israels Rechtssystem zeigt sich in diesen Tagen von seiner dunklen Seite: Dem israelischen Friedensaktivisten Ezra Nawi droht eine Gefängnisstrafe, weil er gewaltlos versucht hat, eine Hauszerstörung zu stoppen. Auf der anderen Seite soll nun eine Klage fallen gelassen werden gegen den israelischen Siedler Ze’ev Braude. Er hatte am 4. Dezember 2008 das Feuer gegen eine palästinensische Familie eröffnet und drei Familienmitglieder verwundet. Die Tat wurde von Jamal Abu Sa’ifan per B’tselem-Videokamera aufgezeichnet. Hier das Video:


YouTube Direkt

Kurz vorher, ebenfalls am 4. Dezember 2008, war die israelische Siedlung Beit HaShalom durch israelisches Militär geräumt worden, woraufhin es zu brutalen Ausschreitungen von Siedlern gegenüber Palästinensern kam. Die Familie, die Opfer des Siedlerübergriffs wurde, wohnt etwa 500 Meter Luftlinie von Beit HaShalom entfernt, direkt unterhalb der anderen israelischen Siedlung Kiryat Arbaa. Die Tat geschah, kurz nachdem ich nach Deutschland zurückgekehrt bin. Wir hatten die palästinensische Familie aber bereits vorher mehrmals besucht, weil sie schon in der Vergangenheit unter Übergriffen wie Steinwürfen oder Beschimpfungen zu leiden hatten. Heute ist in dem ehemaligen Siedlungsgebäude Beit HaShalom übrigens israelisches Militär stationiert.

Warum soll die Klage gegen den israelischen Siedler Ze’ev Braude nun eingestellt werden? Ganz einfach, weil Israels oberster Gerichtshof erklärt hat, dass ihm Beweise vorlägen, deren Veröffentlichung die Staatssicherheit verletzen würden. Das berichtete das Israelische Informationszentrum für Menschenrechte in den Besetzten Gebieten B’tselem am 8. Juni 2009:

Today [8 June 2009], it was reported that, following Supreme Court Justice Elyakim Rubinstein’s order that the state reveal privileged evidence in the case, the Jerusalem District Attorney’s Office intends to withdraw the indictment against Braude. The minister of defense had declared evidence privileged, contending that its disclosure would harm state security.

Wenn man gar nicht mehr weiter weiß, gibt’s also geheime Beweise, die die Staatssicherheit bedrohen könnten. Na dann.

Kristina

Hinter Gittern

Ezra Nawi, ein israelischer Friedensaktivist der Organisation Ta’ayush, hat mit uns in Hebron und Umgebung regelmäßig zusammengearbeitet. Wir haben zum Beispiel gemeinsam palästinensische Familien begleitet, die Opfer von Siedlerübergriffen geworden sind. Jetzt soll er ins Gefängnis, weil er 2007 versucht hat, eine Hauszerstörung durch das israelische Militär zu verhindern.

So weit ich weiß, handelt es sich um eine Hauszerstörung in Um Al Kher, einer Beduinen-Siedlung in den Bergen südlich von Hebron. Die Beduinen-Familien wurden ursprünglich aus Israel vertrieben und haben Flüchtlingsstatus (ich glaube, sie kamen aus der Negev-Wüste). Jetzt leben sie in der Westbank in Area C, das heißt sie haben praktisch keine Chance, Baugenehmigungen für Zelte, Häuser oder was auch immer zu bekommen. Wenn sie trotzdem bauen, rücken die Bulldozer an.

Das war 2007 der Fall, als Ezra dort war und das war letzten Herbst so, etwa eine Woche, nachdem wir die Familien mit einem Vertreter von UNOCHA besucht hatten. Das absurde ist, dass einen Steinwurf von Um Al Kher entfernt die israelische Siedlung Karmel steht mit dutzenden Trailern, also Außenposten, die – da trau ich mich wetten – bestimmt auch nach israelischem Recht illegal aufgestellt wurden. Nachdem die israelische Siedlung in der Westbank steht, also auf palästinensischem Land, ist natürlich ganz Karmel mit und ohne Außenposten, nach internationalem Recht illegal.

Ezra hatte also allen Grund, sich gegen die Hauszerstörung einzusetzen. Sein couragiertes Handeln soll nun aber bestraft werden. Ich würde mich freuen, wenn Sie die Kampagne unterstützen, zum Beispiel indem Sie die vorformulierte email auf folgender Website absenden: www.freeezra.org. Dort finden Sie auch weiterführende Informationen.

Hier der Film von der Hauszerstörung 2007, die Ezra (der Mann mit der grünen Jacke) verhindern wollte:


YouTube Direkt

Und hier noch ein paar Fotos von Um Al Kher vor …

… und nach der Hauszerstörung letzten Herbst 2008:

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